Nachrichten-Archiv

03.08.2011

Mehr Service am Krankenbett

Assistentinnen übernehmen am Bernauer Krankenhaus und Herzzentrum Tätigkeiten von Schwestern und Pflegern – ein Experiment, das zur Erfolgsgeschichte wurde.
Immanuel Diakonie Dienstleistungen - Nachrichten - Serviceassistentinnen

Das Team der Serviceassistentinnen zusammen mit Udo Schmidt, dem Geschäftsführenden Direktor der Immanuel Diakonie und Pflegedienstleiterin Birgit Pilz

„Ohne uns geht es nicht mehr“, ist sich Melanie Pokrandt sicher. Sie ist die leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. „Ja, da hat sie recht“, bestätigen Pflegedienstleiterin Birgit Pilz und Udo Schmidt, Geschäftsführender Direktor der Immanuel Diakonie. Was vor zweieinhalb Jahren in Bernau als Experiment begann, ist inzwischen eine Erfolgsgeschichte. Schließlich ist der professionelle Service ein wichtiger Wohlfühlfaktor im Krankenhaus. Das bekräftigen auch die regelmäßig durchgeführten Befragungen zur Patientenzufriedenheit.

Seit 2009 entwickelt der Pflegedienst in Bernau den sogenannten Qualifikationsmix. Das heißt, Mitarbeiter mit verschiedenen Qualifikationen übernehmen unterschiedliche Aufgaben bei der pflegerischen Betreuung der Patienten. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Berufsgruppe der Serviceassistentinnen. Bisher war Service eine von vielen Aufgaben im Pflegebereich. Für die Serviceassistentinnen bildet er nun den Kern ihrer Tätigkeit. „Sie leben den Servicegedanken“, sagt Melanie Pokrandt. Dass sie damit Recht hat, zeigt das große positive Echo, das sie von den Patienten erhält.

Auch die Bernauer Schwestern und Pfleger sind begeistert. „Wir haben nun mehr Zeit für unsere eigentlichen pflegerischen Aufgaben“, sagt Schwester Ines Retzlaff. Das brachten die Pflegenden vergangenes Jahr auch in der Mitarbeiterbefragung zum Ausdruck. Die hochqualifizierten Pflegefachkräfte wollen mehr Verantwortung für ihre Patienten übernehmen. So waren sie bereit, bestimmte qualifizierte Tätigkeiten aus anderen Berufsgruppen, wie die regelmäßigen Blutentnahmen, in ihr Aufgabengebiet zu integrieren. Das Team der Serviceassistentinnen hat sich zu einer beachtlichen Größe entwickelt. Inzwischen sind 23 Serviceassistentinnen, meist in Teilzeit, in Bernau tätig. Sie kommen vor allem aus dem Hotel- und Restaurantbereich, aber auch aus anderen Dienstleistungsberufen.

Komplett in ihren Händen liegt inzwischen das leibliche Wohl der Patienten auf den Stationen – zuvor ein „Nebenjob“ der Pflegekräfte. Die Serviceassistentinnen nehmen Essenbestellungen auf, bringen das Gewünschte, holen das Geschirr wieder ab, räumen auf, geben den Blumen frisches Wasser. Sie säubern, desinfizieren und beziehen die Betten. Gern erfüllen sie den Kranken auch kleinere Wünsche, holen etwa Zeitungen oder laden Telefonkarten auf. „Manchmal sind wir aber auch einfach nur so für die Patienten da, bieten ihnen eine Schulter, wenn sie traurig sind“, so Mandy Hammermeister, von Beruf zahnmedizinische Fachangestellte. Die 25-Jährige schätzt an ihrem neuen Job, in dem sie bereits eine Qualifizierung absolvieren konnte, die Vielseitigkeit. Auch finanziell habe sie sich nicht verschlechtert.

Kathrin Wünsch aus Grüntal wollte sich nach 28 Jahren Arbeit im Friseursalon beruflich neu orientieren und hat die Entscheidung nie bereut. „Ich bin angekommen, Medizin hat mich schon immer interessiert. Gern bin ich als Serviceassistentin für die persönlichen Wünsche der Patienten da.“ Wenn sie einem Patienten den Krankenhausaufenthalt erleichtern könne, mache sie das glücklich. Als sie vor zwei Jahren in der Zeitung von den Serviceassistentinnen gelesen hatte, bewarb sich auch Anja Kuminowski beim Krankenhaus. „Im Büro hatte ich nur auf dem Papier mit Menschen zu tun, jetzt ganz unmittelbar. Ich freue mich immer, wenn ich ein Patientenzimmer betrete und die Patienten freuen sich auf uns.“ Im Gegensatz zu vorher habe sie jetzt nach der Arbeit den Kopf frei für ihre Familie.

Der neue Job war allerdings nicht für alle Bewerberinnen ein Traumjob, für einige sogar nur ein kurzes Intermezzo. „Manch eine kannte ein Krankenhaus nur aus wolkigen Fernsehserien und kam nicht damit klar, dass sie es hier auch mit Schwerkranken zu tun hatte, mit Leid und Sterben umgehen musste“, erinnert sich Birgit Pilz an viele Gespräche. „Doch jetzt haben wir ein stabiles Team, das Hand in Hand mit den Krankenschwestern und -pflegern arbeitet.“ Diese wiederum seien froh, dass sie sich ganz auf die Pflege konzentrieren können, mit der sie ohnehin voll ausgelastet seien.

Während vielerorts ausschließlich von Stellenabbau die Rede ist, werden die Patienten in Bernau jetzt von mehr Menschen betreut als noch vor drei Jahren. Diese Rechnung ging nur durch die Einführung des Qualifikationsmixes im Pflegebereich auf, zu dem auch Pflegehelfer, Arzthelferinnen, Mitarbeiter im Patientenbegleitdienst, Rettungsassistentinnen und eben Serviceassistentinnen gehören. Optisch heben sich Letztere von den anderen Berufsgruppen übrigens durch die gestreiften Blusen, weißen Hosen und bordeauxroten Schürzen ab. Vielleicht wäre ein leuchtendes Gelb noch passender gewesen, das Gelb der Sonnenblumen. Denn mit den freundlichen Worten „Wenn Sie hereinkommen, geht die Sonne auf“ wurde schon so manche Serviceassistentin von den Patienten begrüßt.

Das hört auch die Pflegedienstleiterin gern. Ihr Fazit nach zweieinhalb Jahren „Probezeit“ für den neu etablierten Servicebereich: „Vom Qualifikationsmix und der neuen Aufgabenverteilung bei uns profitieren alle Berufsgruppen, in erster Linie aber die Patienten. Sie spüren täglich, dass sie bei uns nicht nur eine Nummer oder ein Fall sind, sondern eben unsere Patienten.“

 
 
 
Alle Informationen zum Thema

Direkt-Links